Film

CH-Filme: Meilensteine & neue Filme

2.04.–10.04.2023

Diverse Zeiten
Amirani Cinema

Am Sonntag, 2. April wird im Kino Amirani eine Reihe mit 12 ausgewählten Spielfilmen von Schweizer Regisseur:innen eröffnet. Einige der Filmschaffenden werden anwesend sein und über ihre Filme sprechen.
Die Reihe umfasst Meilensteine des Schweizer Films der letzten 50 Jahre, aber auch ganz neue Produktionen, die Einblick in das aktuelle Filmschaffen geben. Das in Tbilissi präsentierte Programm möchte nicht nur einen kleinen Ausschnitt aus der reichen Deutschschweizer Spielfilmproduktion zeigen, sondern
soll gleichzeitig auch Facetten des Schweizer Alltags und der Schweizer Geschichte vermitteln.
Für die Kinder wird die neueste Verfilmung des Kinderbuchklassikers «Heidi» gezeigt. Geplant sind einige Workshops für angehende georgische Filmschaffende.

Corinne Siegrist-Oboussier
hat in Zusammenarbeit mit SWISS FILMS das vorliegende Programm kuratiert. Nach dem Studium leitete sie das Stadtkino Basel und von 2005–2021 das Filmpodium Zürich. Eines ihrer letzten Programme vor ihrer Pensionierung war die Reihe «Georgische Filmemacherinnen» im Rahmen des 1. Festivals «Brücke Zürich-Tbilissi» im Herbst 2021.

Eine kurze Geschichte des Schweizer Films
Die ersten Filmaufnahmen in der Schweiz gehen auf das Jahr 1896 zurück und zeigen – wie damals üblich – vor allem markante Stadt- und Landschaftsansichten, Bräuche und Umzüge.
Eine Filmproduktion entwickelte sich erst langsam, was auch mit der Dreisprachigkeit der Schweiz zu tun hat: Die einzelnen Landesteile orientierten sich zunächst am Kino der sprachlichen Nachbarn Frankreich, Italien und Deutschland. Zu einer nennenswerten Schweizer Spielfilmproduktion kam es dann zur Zeit der sogenannten «Geistigen Landesverteidigung» im Zweiten Weltkrieg, als die Schweiz mit eigenen Geschichten Wehrgeist und Selbstvertrauen stärken wollte; am wichtigsten war da zweifellos die Zürcher Produktionsfirma Praesens Film, die heute noch als Filmverleih aktiv ist. Die Fünfziger- und Sechzigerjahre waren geprägt von den Kleinbürgergeschichten von Kurt Früh (z. B. «Bäckerei Zürrer», 1957) und von den Franz Schnyders Romanverfilmungen nach Jeremias Gotthelf über das bäuerliche Leben im 19. Jahrhundert.
Internationale Ausstrahlung erreichte das Schweizer Filmschaffen erst in den späten sechziger und frühen siebziger Jahren, als aufmüpfige junge Filmschaffende aus der Romandie, der französischsprachigen Schweiz, – inspiriert von der Nouvelle Vague und anderen Erneuerungsbewegungen – das «cinéma de papa» überwinden wollten: Ihre Filme wurden in Cannes gezeigt, liefen in Paris im Kino und wurden von der Kritik gefeiert. In der Deutschschweiz lief der Generationenwechsel zuerst über den gesellschaftskritischen Dokumentar- und über den Experimentalfilm, bevor Rolf Lyssy 1978 mit dem Spielfilm «Die Schweizermacher» einen Grosserfolg landen und alle Publikumsrekorde brechen konnte: Fast die ganze Schweiz wollte sich die satirische Komödie um zwei Einwanderungsbeamte anschauen. Internationale Beachtung fanden Filme, die sich mit der Schweizer Flüchtlingspolitik auseinandersetzen: Markus Imhoof erhielt 1981 für «Das Boot ist voll» u. a. den Silbernen Bären an der Berlinale; seine Geschichte um eine Gruppe jüdischer Flüchtlinge wirft ein kritisches Licht auf die Schweizer Asylpolitik im Zweiten Weltkrieg. Für das zeitgenössische Flüchtlingsdrama «Reise der Hoffnung» wurde Xavier Koller 1991 mit dem Oscar ausgezeichnet.
Neben dem Spielfilm ist auch der Schweizer Dokumentarfilm von grosser Bedeutung. Er kann auf eine lange Tradition zurückblicken und findet auch international immer wieder Beachtung. Ein aussterbendes Handwerk in einem Schweizer Bergtal, die Zerstörung der Umwelt, die jüngere Schweizer Geschichte oder prägende Zeitgenossen – der Blick, den Schweizer Dokumentarfilmschaffende darauf werfen, ist persönlich und präzis.
Ohne die Förderung durch die öffentliche Hand könnten Schweizer Filme kaum entstehen; sie wurde in den letzten Jahren stetig ausgebaut. Dabei hat der Bund die Hauptrolle, neben dem Schweizer Fernsehen SRF und grossen regionalen Stiftungen wie der Zürcher Filmstiftung und dem Cinéforom in der französischsprachigen Schweiz. Der Schwerpunkt der Schweizer Filmproduktion liegt in Zürich; in der Romandie in Genf. Seit den 1990er Jahren gibt es an verschiedenen Fachhochschulen (Zürich, Luzern, Genf, Lausanne) Ausbildungsgänge für Filmberufe.
Das herausragende Schweizer Dokumentarfilmschaffen würde ein eigenes Programm füllen. Wir beschränken uns auf drei Filme, die die thematischen Schwerpunkte Architektur und Literatur bereichern und ergänzen. Nähere Angaben finden Sie im entsprechenden Programmteil.

Programm 2. April


16:30
Eröffnung des Filmprogramms


16:30 – 17:30
Einführung in den Schweizer Film – Kuratorin Corinne Siegrist-Obussier



17:30
Die Schweizermacher


20:00
Stürm: Bis wir tot sind oder frei


Anschliessend Gespräch / Q&A mit Regisseur Oliver Rhis im Amirani Cinema